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  • AutorenbildChristian Eckardt

Antifouling am Schiffsrumpf unter umweltfreundlichen Aspekten



Das Maritime Cluster Norddeutschland veranstaltet Thementag am 24. November


Schiffsrümpfe sind häufig dem Bewuchs durch Mikroorganismen, Pflanzen, Algen und Tieren ausgesetzt. Dieser als Biofouling bezeichnete Vorgang hat zum einen die Einschleppung und Verbreitung nichteinheimischer Arten in fremde Gewässer sowie einen erhöhten Strömungswiderstand der Schiffe, der zu einem gesteigerten Energieverbrauch führt, zur Folge.


Schon auf den früheren hölzernen Seeschiffen war Fouling ein großes Problem, da sich auf den Holzplanken besonders viel Bewuchs anlagerte. In der Antike wurden daher die Boote im Unterwasserbereich mit Bleiplatten zur Verhinderung von Fouling belegt. Ab dem 18. Jahrhundert wurden dann die Holzrümpfe vermehrt mit Kupferplatten bedeckt.

Bewuchs am Unterwasserschiff, beispielsweise durch Muscheln, lässt den Treibstoffverbrauch um bis zu 30 Prozent ansteigen – und das erhöht nicht nur das Gewicht, sondern auch die Emissionen von Luftschadstoffen und von CO2. Die meisten heutigen Antifouling-Beschichtungen enthalten Biozide und sind zweifelsfrei schädlich für die Meeresfauna. Somit ist die Anwendung von heutigem Antifouling auch immer ein Balance-Akt: Entweder hat man einen Anstrich, der im Unterwasserbereich umweltfreundlich ist, dann bekommt man aber sehr schnell wieder Bewuchs. Setzt man Biozid-haltigen Antifouling ein, der jedoch permanent toxische Stoffe ins Wasser abgibt, hat man über einen längeren Zeitraum kaum bzw. wenig Bewuchs und damit einen günstigeren Treibstoffverbrauch.


Bis vor 15 Jahren wurde noch Antifouling aus TBT (Tributylzinn) eingesetzt. Das führte unter anderem zu einem Massensterben von Austernlarven und Fehlbildungen von Austern in französischen Zuchtfarmen entlang der Atlantikküste ebenso wie zu hormonellen Störungen in anderen Organismen, die auf dieses Gift zurückgeführt werden konnten. Dieser Giftstoff sorgt aber auch dafür, dass die Schiffe immer sauber waren, sogar, wenn sie wochen- und monatelang stilllagen. TBT wurde am 17. September 2008 durch ein Internationales Übereinkommen zur Beschränkung des Einsatzes schädlicher Bewuchsschutzsysteme auf Schiffen ab 400 BRZ im Einsatz auf der internationalen Fahrt weltweit verboten. Noch heute findet man jedoch noch hohe TBT-Belastungen im Hafenschlick in der Nähe von Werftanlagen, so dass die Hafenbetreiber diesen schädlichen Hafenschlick kostenintensiv auf spezielle Deponien verbringen müssen.


Eine Alternative beim Antifouling sind Silikonbeschichtungen, die auch schon während der TBT-Entwicklung in den 1960er-Jahren eingesetzt wurde. Silikon kennt man aus dem Haushalt beim Einsatz z.B. von Kuchenformen als Antihaftbeschichtung. Doch ein gleichwertiger Einsatz im Unterwasserbereich ist so nicht gegeben. Es setzen sich zwar keine Muscheln am Schiffsrumpf fest aber eine Schleimschicht. Und dieser Schleim ist dann der Nährboden für den späteren Bewuchs. Der Nachteil bei Silikon ist, dass es sehr anfällig gegen über mechanischen Belastungen ist, wie dies durch Eisgang, Grundberührungen, oder Kontakt zu Schleppern oder Dalben vorkommen kann. Auch die spätere Reinigung der Silikonbeschichtung ist nicht ganz unproblematisch, denn dafür müssten die Schiffe jedes Mal in ein Dock und zur Reinigung müssten sehr weiche Bürsten zum Einsatz kommen. Doch die meisten Schiffsreiniger setzten harte Bürsten oder HD-Geräte ein und zerstören somit die Silikon-Schutzschicht. Somit wäre beim Silikonantifouling der richtige Ansatz, wesentlich häufiger, aber schonender zu reinigen, doch dies ist dann mit erhöhten Aufwand und somit erhöhten Kosten verbunden.


Noch recht neu ist ein Verfahren gegen den marinen Bewuchs mit der Ultraschall-Technologie der Firma Hasytec Electronis aus Kiel, die in diesem Jahr die neuartige Technologie im kompletten Seewasserkühlsystem auf dem Kreuzfahrtschiff „Mein Schiff 6“ installierte. Mittlerweile wurde auch bei der „Mein Schiff 3“ dieses System nachgerüstet und weitere Schiffe von TUI Cruises sollen folgen. Die neuartige Technologie, zu der bislang noch keine vollständigen Ergebnisdaten vorliegen, verhindert durch Ultraschallwellen die Entstehung eines Biofilms. Die nun eingesetzte Technologie sorgt jedoch nur dafür, dass alle flüssigkeitsführenden Oberflächen im Bereich der Seekästen, Filtergehäuse und den Plattenwärmetauschern für die Maschinenkühlung frei von marinen Bewuchs sind, der komplette Schiffsrumpf wird von dieser Technologie nicht erfasst.


Schiffseigner, egal ob von großen Seeschiffen oder auch von Sport- und Freizeitbooten wissen, dass nur durch effektive Bewuchsschutzsysteme der Fouling-Prozess am Schiffsrumpf verhindert werden kann. Der Einsatz wirksamer Antifouling-Systeme ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten und im Interesse der Umwelt sinnvoll.


Das Kompetenzzentrum GreenShipping Niedersachsen, das Maritime Cluster Norddeutschland (MCN) und die Wirtschafts- und Sozialakademie der Arbeitnehmerkammer Bremen gemeinnützige GmbH (Wisoak) widmen sich diesem Themenkomplex am 24. November 2022 im Rahmen eines Thementages „Antifouling und Biofouling“. So richtet die Wisoak zunächst am Vormittag eine Basisschulung „Antifouling – Biofouling – umweltfreundlicher Bewuchsschutz von Schiffsrümpfen“ aus. Am Nachmittag steigt das MCN mit Fachvorträgen bei der Veranstaltung „Biofouling aktuell – a deeper dive“ tiefer in das Thema ein. Die Referent:innen kommen von bremenports, dem BUND-Landesverband Schleswig-Holstein, dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, der EurA AG und GTF Freese.


Die Basisschulung am Vormittag findet in hybrider Form statt, das heißt, die Teilnahme ist online oder in Präsenz in den Seminarräumen der wisoak in der Bertha-von-Suttner-Str. 17 in Bremen möglich. Die Fachtagung am Nachmittag, bei der unter anderem eine neue Antifouling-Lösung auf Basis eines innovativen und umweltfreundlichen Beschichtungssystems von der Fa. GTF Freese aus Bremen vorgestellt wird, findet nur online statt.


Das Maritime Cluster Norddeutschland (MCN) fördert und stärkt die Zusammenarbeit in der norddeutschen maritimen Branche. Es ermöglicht Plattformen des Dialogs der Akteur:innen untereinander und fördert Innovation und Schnittstellen zu anderen Branchen. Das MCN wurde 2011 gegründet und agiert seit 2017 als Verein. Zunächst arbeiteten die Länder Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein in dem länderübergreifenden Cluster zusammen, im September 2014 kamen auch Bremen und Mecklenburg-Vorpommern hinzu.

Mehr als 350 Unternehmen und Institutionen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sind Mitglied im MCN. Insgesamt neun Fachgruppen koordiniert das MCN zu den Themen Innovationsmanagement, Maritime Informations- und Kommunikationstechnologien, Maritimes Recht, Maritime Sicherheit, Maritime Wirtschaft Offshore Wind, Personal und Qualifizierung, Schiffseffizienz, Unterwasserkommunikation sowie Yacht- und Bootsbau.



Anmeldungen unter:


https://wisoak-fortbildung.de/detail.jsp?v=10168447


https://greenshipping-niedersachsen.de/de/calendar/biofouling-aktuell-a-deeper-dive/


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