Seit dem 8. März ist schon die Überfahrt über die historische Kanaldrehbrücke Klußmannstraße in Bremerhaven-Geestemünde für Instandsetzungsarbeiten gesperrt. Nun sollte die über 150 Jahre alte Brücke mit Hilfe des Schwimmkrans „SK 1“, ebenfalls schon ein technisches und maritimes Baudenkmal, aus der Verankerung herausgehoben werden, damit die rund 140 Tonnen schwere Brücke auf dem Wasserweg nach Bremen überführt werden kann. Dort werden Korrosionsschäden ausgebessert und der Stahl neu beschichtet. Nach der letzten Sanierung vor 18 Jahren sind jetzt auch unter anderem umfangreichere Arbeiten an der Maschinentechnik, den Widerlagern und auch am Mittelpfeiler vorgesehen. Bis Ende Juli ist die Verkehrsverbindung über den Hauptkanal damit unterbrochen.
Doch der erste geplante Einsatz des Schwimmkrans „SK 1“ am 17. März schlug fehl, der Kran konnte die 45 Meter lange Brücke nicht anheben, nun soll in den nächsten Tagen ein neuer Versuch gestartet werden. Offensichtlich hat sich die Drehbrücke verkantet oder verhakt, so dass die Brücke nicht aus dem Mittelanker herausgehoben werden konnte. Nun soll ein neuer Versuch durchgeführt werden, bei dem Pontons unter die Brücke gefahren werden, damit diese, nachdem das Ballastwasser abgepumpt wird, die Brücke aus der Verankerung hochdrückt.
Für die Sanierung der historischen Kanaldrehbrücke an der Klußmannstraße mit Gesamtkosten von 1,3 Millionen Euro beteiligt sich der Bund aus dem Etat der Beauftragten für Kultur und Medien mit 300.000 Euro aus dem erfolgreichen Denkmalschutz Sonderprogramm an den Kosten.
Die Drehbrücke über den Geestemünder Hauptkanal steht noch in direktem Zusammenhang mit der Gründung Geestemündes. Sie wurde 1860-1861 nach Entwurf des Ingenieurs Heinrich Adolf Buchholz als wichtige Verbindung zwischen dem Geestemünder Markt (heute Berliner Platz) und dem Geestemünder Bahnhof errichtet. Gebaut wurde sie seinerzeit bei der Fa. Harkot bei Haspe i.W., eines der führenden Brückenbauunternehmen der Zeit, das beispielsweise auch die im 2. Weltkrieg teilzerstörte Eisenbahnbrücke über die Elbe in Dömitz gebaut hat.
Als älteste bewegliche und heute noch bestehende Brücke in Bremerhaven gehört die Brücke über den Hauptkanal in Geestemünde zu den herausragenden technischen Denkmalen der Stadt. Sie soll nach derzeitigem Kenntnisstand zudem die älteste funktionsfähige Drehbrücke in Deutschland sein.
Der Hauptkanal in Geestemünde wurde gleichzeitig mit dem Querkanal und dem großen Bassin des Handelshafens zwischen 1857 und 1862 erbaut. Die beiden Stichkanäle sollten nach dem städtebaulichen Gesamtkonzept die Verbindung zum Petroleumhafen und zum Holzhafen herstellen. Da die von Süden kommende Hauptverkehrsstraße, die über den Geestemünder Markt und die neue Drehbrücke (Fährstraße-Ludwigstraße) über die Geeste nach Bremerhaven führte, vom Hauptkanal durchschnitten wurde, gehörte die Anlage einer Drehbrücke an dieser Stelle von Anfang an zum Gesamtkonzept. Sie war deshalb auch bereits 1862 zusammen mit den übrigen Hafenanlagen des ersten Bauabschnitts fertig. Der Petroleumhafen (1875) und der Holzhafen (1877) kamen erst später hinzu und sind heute bereits wieder zugeschüttet oder - wie der Petroleumhafen - überbaut.
Drehbrücken sind seit jeher eine für Häfen charakteristische Einrichtung, da hier jeder Brückenschlag auch gleichzeitig die Durchfahrt der im Hafen verkehrenden Schiffe ermöglichen muss. Bei der großen zu überbrückenden Spannweite im Hauptkanal erschien den Ingenieuren die Anlage einer zweiflügeligen Brücke mit dem Drehpunkt in der Mitte die einfachste und billigste Lösung. Zu beiden Seiten des Mittelpfeilers blieb im geöffneten Zustand für die Durchfahrt der Schiffe noch genügend Platz. Die zweiflügelige und 45m lange Stahl-Nietkonstruktion ruht auf drei Pfeilern, wobei die Drehung des Oberbaus auf einem Kranz von 16 Rollen auf dem im Kanal stehenden Mittelpfeiler von 7 m Durchmesser erfolgt. Der Antrieb erfolgte ursprünglich von Hand durch drei Arbeiter, die über eine Drehvorrichtung in der Mitte den Rollenkranz auf dem Mittelpfeiler in Bewegung setzten. Der eiserne Oberbau war einst aus englischem Puddelstahl hergestellt. Von 1881 bis 1964 fuhr sogar noch eingleisig die Straßenbahn Bremerhaven über die Brücke, bis zum Jahr 2000 überquerte auch noch die Omnibuslinie 510 die Brücke.
1931 wurde die Brücke von der Brückenbaufirma MAN in Gustavsburg umgebaut und mit einem elektrischen Antrieb versehen; die erste große Sanierung 1980 erfolgte durch den Bremerhavener Stahlbaubetrieb Gustav W. Rogge. Dabei wurde die Fahrbahn als Stahlkonstruktion erneuert. Bei der letzten Sanierung 2003 wurde die 140 Tonnen schwere Brücke von einem Schwimmkran in den Fischereihafen gebracht und dort drei Monate lange restauriert. Dabei sind die ehemals hölzernen Gehwege durch Stahl ersetzt und das Hubwerk und die Schrankenanlage erneuert worden. Die Brücke wird heute noch in ihrer ursprünglichen Funktion für die Durchfahrt der Sportboote des Weser-Yacht-Clubs betrieben.
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