Gasschutzsystem ermöglicht Einsatz der Schiffe in explosiver und giftiger Umgebung
Rolls-Royce liefert für die beiden bei Abeking & Ramssusen (A&R) bestellten beiden Mehrzweckschiffe den gasgeschützten Antrieb, der diese auch unter schwierigen Bedingungen einsatzfähig hält. Die 95 Meter langen Spezialschiffe werden künftig auf der Nord- und Ostsee unter anderem zu Unfällen auf See, zu Bränden oder bei Manövrierunfähigkeit von Schiffen gerufen. Die Schiffe wurden im Winter bei A&R bestellt und werden für die deutsche Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung gefertigt. Die Neubauten sollen die Mehrzweckschiffe SCHARHÖRN und MELLUM ablösen, die bereits 46, beziehungsweise 36 Jahre lang im Einsatz sind. Mit der Planung, Konzeption, Ausschreibung und nunmehr Bauabwicklung wurde die Bundesanstalt für Wasserbau (BAW), Referat Schiffstechnik, beauftragt.
Spezielle Motorenkonfiguration und Zertifizierung zum Einsatz in explosiver Umgebung
Die beiden Schiffe werden von einem gas-elektrischen Antriebssystem mit jeweils vier 3.600 Kilowatt starken mittelschnelllaufenden Bergen-Gasmotoren des Typs B36:45L6AG von Rolls-Royce angetrieben. Rolls-Royce liefert dabei nicht nur die Motoren und Generatoren, sondern bietet dem Kunden mit einem speziell entwickelten Gasschutzsystem eine besondere Lösung. Damit sind die Motoren auch dann noch betriebsfähig, wenn beispielsweise bei einer Havarie eines Gastankers die Umgebungsluft mit explosiven Gasen kontaminiert ist. „Die Motoren verbrennen zwar Gas, doch wenn dies über die Ansaugluft unkontrolliert in den Brennraum gerät, ist der Motor nicht mehr regelbar“, erläutert Rolls-Royce-Projektleiter Christian Prinz. Bei dem von Rolls-Royce entwickelten System wird die Leistung des Motors in Relation zur Gasmenge in der Ansaugluft angepasst. Kurz: Je mehr Gas sich in der Ansaugluft des Motors befindet, desto weniger Gastreibstoff wird dem Motor über die Gasregelventile zugeführt. Ist die Gasmenge zu hoch, schließen spezielle Schnellschlussklappen die Gas- und Luftzufuhr und der Motor stoppt.
Erfahrung und Spezial-Know-how kombiniert
Wir vereinen bei diesen Schiffen die jahrzehntelange Erfahrung bei mittelschnelllaufenden Gasmotoren von Rolls-Royce mit unserem Spezial-Know-how beim Gasschutz zu einer schlagkräftigen Lösung für unseren Kunden“, so Knut Müller, Vice President Marine bei Rolls-Royce. Rolls-Royce ist der einzige Hersteller weltweit, der solch leistungsstarke Motoren gasgeschützt und entsprechend zertifiziert liefern kann. Diese haben sich schon in Seenotrettungskreuzern, Schadstoffunfall-Bekämpfungsschiffen und zuletzt im Nordsee-Notschlepper NORDIC bewährt. Mittelschnelllaufende Gasmotoren liefert Rolls-Royce schon seit über 20 Jahren.„Rolls-Royce war weltweit der einzige Hersteller, der uns die termingerechte Gasschutzanpassungsentwicklung von reinen Gasmotoren auf Grund seiner langjährigen Erfahrung auf diesem Spezialgebiet zusagen und durch eine Machbarkeits-studie belegen konnte“, erklärt Carsten-S. Wibel, Geschäftsführer der Abeking & Rasmussen Special Vessels GmbH.Schon die beiden Vorgängerschiffe SCHARHÖRN und MELLUM waren mit MTU-Motoren von Rolls-Royce ausgestattet. „Sowohl das Antriebssystem als auch unser Service haben unseren Kunden überzeugt und waren gute Argumente für uns“, so Jörg Fischer-Felsberg, Leiter für Vertrieb und Service für MTU-Produkte in Deutschland.Im Einsatzfall werden die neuen, über 15 Knoten schnellen Schiffe spätestens innerhalb von zwei Stunden am Unfallort sein. Ausgestattet mit Notschleppeinrichtungen mit einem Pfahlzug von 145 Tonnen, Chemikalientanks, einem explosionsgeschützten Sicherheits- und Containerladeraum sowie Ölaufnahmegeräte wie Skimmer, Ölsammeltanks und ein Separationsraum sind sie für schwierigste Einsätze gewappnet. Nicht nur die Motoren, auch das gesamte Schiff ist mit einem Gasschutzsystem ausgestattet. Fährt es in eine gefährliche Zone, in der zündfähige oder gesundheitsgefährdende Stoffe in der Luft sind, muss die Besatzung das Schiff auf den Gasschutzbetrieb umschalten, das heißt, Fenster und Türen gasdicht verschließen. Somit entsteht eine Zitadelle, in die saubere Luft gepumpt wird. Leichter Überdruck sorgt dafür, dass keine schädliche Luft in die Zitadelle gelangt.Dass bei diesem Projekt Gasmotoren zum Einsatz kommen, liegt an einer Vorgabe der deutschen Bundesregierung, den CO2-Ausstoß bei Behördenschiffen massiv zu verringern. Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, betont: „Mit den neuen LNG-betriebenen und mit dem Umweltzertifikat Blauer Engel ausgezeichneten Schiffen garantieren wir gleichzeitig einen hohen Sicherheits- und Umweltstandard für den anspruchsvollen Bau der Schiffe.“Bis Ende des Jahres 2020 soll entschieden werden, ob ein drittes, identisches Schiff gebaut werden soll. Die beiden bisher beauftragten Schiffe sollen in den Jahren 2023 und 2024 in Dienst gestellt werden.
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