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  • AutorenbildChristian Eckardt

DFFU trennt sich von Trawler „Berlin“



Noch immer keine EU-weite Einigung bezüglich der Fangquoten mit Norwegen

Für einen nicht bezifferten Preis hat die Deutsche Fischfang-Union GmbH & Co (DFFU), ein 100iges Tochterunternehmen der isländischen Samherji-Gruppe, zum 1. Oktober den erst vier Jahre alten Hecktrawler „Berlin“ verkauft, wie Geschäftsführer Samuel Rodriguez Ortega auf Anfrage bestätigte. Neuer Eigner ist die russische Murmansk Trawl Fleet PJSC. Der Verkauf erfolgte unter Vermittlung des dänischen Maklerbüros Atlantic Shipping, die Übergabe des Schiffes ist bereits erfolgt und die ehemalige Berlin trägt den neuen Namen „Kapitan Bulatov“.


Samuel Rodriguez Ortega hat zusammen mit Baldvin Thorsteinsson nach dem Rückzug von Haraldur Grétarsson die Geschäftsführung bei der Deutschen Fischfang–Union in Cuxhaven im Frühjahr angetreten. Haraldur Grétarsson hatte nach fast drei Jahrzehnten im Samherji Konzern seine Führungsposition Ende März auf eigenen Wunsch niedergelegt.

Der neue DFFU-Geschäftsführer begründet den Verkauf der „Berlin“ mit zwei wesentlichen Fakten: Zum einem lag ein wirtschaftliches sehr lukratives Angebot für den Trawler vor. Weiterhin macht der aktuelle Konflikt zwischen der EU und Norwegen im Zusammenhang mit den Fischfangquoten den Fischern das Leben nicht leicht. Denn Norwegen hatte in diesem Jahr das Brexit-Chaos genutzt und im Alleingang die zwischen der EU und den Norwegern festgeschriebenen Fischfangquoten einseitig geändert – zulasten der Fischer in der EU. Dadurch gehen der EU in dem Gebiet rund um Spitzbergen rund 7.000 Tonnen für die Kabeljaufischerei in diesem Jahr verloren, eines der Haupteinsatzgebiete der „Berlin“. Durch die Senkung der Quoten müssen die Schiffe daher länger im Hafen liegen bleiben, da diese den größten Teil der Quoten schon abgefischt haben.

Die Kabeljauquote, welche der EU jährlich zugeteilt wird, ist seit 1986 durch beide Vertragspartner festgeschrieben. Nach 35 Jahren der akzeptierten Praxis hatte Norwegen die rechtmäßige EU-Quote in Fragegestellt. Zum Jahresende 2020 wurde der EU mit einer Note Verbale mitgeteilt, dass die Kabeljauquote für 2021 insgesamt 17.885 t beträgt. Die rechtmäßig durch EU Fahrzeuge nutzbare Quote hätte aber unter Berücksichtigung des Übertrages an UK nach dem Brexit-Vertrag 24.645 t betragen müssen. Die Europäische Union bestätigte, dass die genannte Maßnahme Norwegens auf eine systematische und vorsätzliche Diskriminierung von Schiffen unter der Flagge von Mitgliedstaaten der Europäischen Union hindeute und als solche einen schwerwiegenden Verstoß gegen die von Norwegen im Rahmen des Pariser Vertrags eingegangenen Verpflichtungen darstelle. Bisherige politische Interventionen zur Lösung des Problems blieben erfolglos. Norwegen hatte zwischenzeitlich sogar angedroht, sollten die EU-Fischer die zugeteilten Quoten überfischen, würden man auch Aufsichtsschiffe und die Marine einsetzen. Das könnte dann in der Folge zu langwierigen Gerichtsverfahren gegen Reeder und Kapitäne führen.

Verbände fordern schon seit einiger Zeit von der Politik ein klares Signal an Norwegen – notfalls auch mit höheren Zöllen. Ein Mittel, dass vor kurzem auch der CDU-Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft, Michael von Abercron, ins Spiel brachte: "Wenn es nicht funktioniert, dass wir vorher auf einer vernünftigen Ebene zu einer Lösung kommen, müssen wir auch darüber nachdenken, bei der Frage der Besteuerung oder der Einfuhrzölle für ausländische Fischprodukte entsprechende Maßnahmen zu ergreifen." Für den Verbraucher würde das unterm Strich bedeuten, dass Fisch teurer wird.

Sollte die EU die Rechte nicht durchsetzen, drohen dauerhafte Verluste von Fangrechten mit einem Gesamtwert von mehreren hundert Millionen Euro pro Jahr, teilte der Deutsche Fischerei-Verband kürzlich mit. Denn es könnten weitere Staaten ermutigt werden, sich zu Lasten der EU Vorteile in anderen Meeresgebieten zu verschaffen, so die einhellige Meinung von Fischereivertretern aus den betroffenen EU-Ländern. Auch Norwegen könnte es als Bestätigung seiner einseitigen Maßnahmen sehen und sich in weiteren Schritten zusätzliche Quotenanteile in Spitzbergen nehmen. Für die europäische Fischerei steht durch dieses Vorgehen der Norweger auch das Nachhaltigkeitsprinzip auf dem Spiel. „Weil der zu verteilende Fischbestand nicht größer wird, muss irgendjemand für diese Selbstbedienungsaktionen der Norweger die Zeche zahlen. Es kann nicht sein, dass die EU das einfach so hinnimmt. Am Ende müssen wir dann den Fisch von Norwegen kaufen, den wir vorher selber gefangen haben. Das kostet viele Jobs und ist absolut nicht akzeptabel“ fasste kürzlich der Präsident des Deutschen Fischerei-Verbandes, Dr. Gero Hocker die Lage zusammen.


Zwischenzeitlich hat die DFFU die vor dem Einsatz der „Berlin“ schon eingesetzte „Baldvin“ wieder in die Flotte zurückgeholt und auch wieder unter deutsche Flagge gesetzt. Das Schiff hat eine geringere Kapazität als die „Berlin“ und wird nun bei der Befischung der restlich vorhandenen Quote zum Einsatz kommen. Doch Ortega von der DFFU hofft, dass es bald eine Lösung gibt, denn nicht mehr lange und die verbleibende Quote ist abgefischt und die Schiffe und deren Besatzungen müssen früher als üblich zurückkehren. Dabei setzt er große Hoffnungen auf die Initiative der EU-Kommission, durch Verhandlungen mit Norwegen eine Verbesserung der Fangmöglichkeiten zu erreichen. Ein Hoffnungsschimmer könnte nach seiner Ansicht sein, dass es in Norwegen seit kurzer Zeit eine neue Regierung, bestehend aus Vertretern der Arbeiterpartei und der Zentrumspartei (SP) gibt.

Doppeltaufe der „Berlin“ und „Cuxhaven“ am 12. Januar 2018 in Cuxhaven

Im Januar 2018 wurden die beiden fast identischen deutschen Hochseetrawler NC 100 „Cuxhaven“ und NC 105 „Berlin“, die auf der norwegischen Myklebust-Werft gebaut wurden, in Cuxhaven getauft. Dabei handelte es um die ersten Neubauten der Reederei seit 25 Jahren.


Entworfen wurden die 81,22 Meter langen und 16 Meter breiten hochmodernen Fangschiffe von Rolls Royce, der ebenfalls für die Produktion der Hauptmotoren verantwortlich war. Insgesamt investierte die Cuxhavener Reederei etwa 80 Millionen Euro in die beiden Fisch-Trawler. Sie besitzen eine Maschinenleistung von 3.600 kW, eine Bruttoraumzahl (BRZ) von 3.969 und bringen es auf eine Höchstgeschwindigkeit von 16 Knoten. Durch ein treibstoffsparendes „Wave-Piercing-Design“ sind diese Schiff wesentlich effizienter und umweltfreundlicher als die älteren Vorgängerschiffe. Zudem sind die Schiffe mit moderner Automatik und Ausrüstung sowie erstklassigen Sozialstandards für die bis zu 35-köpfige Crew ausgestattet. Äußerlich gibt es fast keine Unterschiede zwischen der „Berlin“ und der „Cuxhaven“ nur dass die „Berlin“, die für den Kabeljaufang genutzt wurde, an Bord eine Fischmehlanlage besitzt. Diese gibt es auf der „Cuxhaven“, die vornehmlich für den Fang von Heilbutt und Rotbarsch vor Grönland eingesetzt wird, aber nicht.

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