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AutorenbildChristian Eckardt

Fassmer Werft liefert neues BSH-Flaggschiff „Atair“ mit LNG-Technologie ab

Feierliche Indienststellung für das Frühjahr 2021 geplant

Die neue ATAIR am zukünftigen Stammliegeplatz im Bremerhavener Fischereihafen I

Fotos: C. Eckardt

Eigentlich sollte das neue Flaggschiff des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), das Forschungsschiff „Atair“ mit LNG-Technologie schon längt in Fahrt sein, doch durch die aktuelle Corona-Pandemie hat die Ablieferung von der Fassmer-Werft nun doch etwas länger gedauert.

Am 14. September konnte die Werft das moderne und 114 Millionen Euro teure Vermessungs-, Wracksuch- und Forschungsschiff „Atair“ an der Werftpier in Berne an der Unterweser an das BSH übergeben werden. Als größtes und modernstes Schiff ist es zugleich das erste seegehende Behördenschiff mit LNG-Antrieb sein. Die erste Monitoring Fahrt soll im Oktober 2020 auf der Nordsee stattfinden. Die feierliche Indienststellung ist wegen der erhöhten Infektionsgefahr mit COVID-19 erst für das Frühjahr 2021 geplant.

Die Besatzung der neuen 75 Meter langen und 16,8 Meter breiten „Atair“, es ist bereits das vierte Schiff mit diesem Namen, benannt nach dem Stern Atair, der hellste Stern im Sternbild Adler, wird die nächsten Monate nutzen, um die Arbeitsabläufe an Bord zu gestalten und zu trainieren, sowie in die Handhabung der Instrumente für die Vermessung und Wracksuche sowie die Nutzung der an Bord befindlichen maritimen Technologien eingewiesen. Zusammen mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern werden die erforderlichen Arbeitsabläufe für die Monitoring Fahrten erprobt. Die in Hamburg beheimatete „Atair“ wird später unter anderem zur Seevermessung, Wracksuche und Forschung vom Basishafen Bremerhaven aus eingesetzt. An Bord ist Platz für 18 Besatzungsmitglieder sowie 15 Wissenschaftler. Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern stehen drei Labore, die bei Bedarf durch weitere 5 Laborcontainer ergänzt werden können, zur Verfügung. Für die Besatzungsmitglieder und Wissenschaftler stehen ausschließlich Einzelkammern mit jeweils eigener Nasszelle, modernsten Infotainment-Systemen, Sauna und ein Fitnessraum zur Verfügung. Damit entspricht das Schiff den Anforderungen, die an die Ausstattung der Räume für die Besatzungsmitglieder in der Kauffahrteischifffahrt gestellt werden.

Das Schiff ist mit einem 130 Kubikmeter fassenden LNG-Tank ausgerüstet. Mit dieser Menge kann das bis zu 13 Knoten schnelle Schiff, abhängig von der Geschwindigkeit, bis zu 10 Tage ausschließlich im LNG-Betrieb verkehren. Das Schiff verfügt über einen diesel-gaselektrischen Antrieb. Für die Stromerzeugung stehen zwei Wärtsilä Sechszylinder-Dual-Fuel-Motoren vom Typ 6L20 DF mit einer Leistung von jeweils 960 kW zur Verfügung. Dabei können die beiden Wärtsilä-Motoren sowohl mit dem emissionsarmen Flüssigerdgas (LNG) als auch mit Dieselkraftstoff betrieben werden. Der erzeugte Strom wird für den Antrieb für den siebenblättrigen Propeller benötigt. Die Entscheidung, die „Atair“ mit LNG-Motoren als auch mit einem dieselelektrischen Antrieb auszurüsten, wurde getroffen, weil auch so die Unterwassergeräusche des Schiffes reduziert werden konnten und somit optimale Bedingungen für die wissenschaftlichen Arbeiten geboten werden. Somit erfüllt die neue „Atair“ als erstes deutsches Forschungsschiff überhaupt die DNV-GL „Silent R“ - Anforderungen. Sie definieren den sehr niedrigen maximal zulässigen Unterwasserschallpegel. Damit wird gleichzeitig die Meeresumwelt geschützt und optimale Bedingungen für wissenschaftliche Arbeiten an Bord gewährleistet. Da das Schiff über eine Vielzahl an hydroakustischen Geräten verfügt, darunter zum Beispiel ein Singlebeam-Echolot, ein Multibeam-Echolot, ein Subbottom-Profiler, ein Side-Scan-Sonar und ein USBL-Unterwasser-Ortungssystem, sind die Anforderungen an den Unterwasserschallpegel des Schiffes hoch, um akustische Störungen durch eigene Schiffsgeräusche auszuschließen.

Durch die Nutzung des zurzeit umweltfreundlichsten Schiffskraftstoffs LNG (Liquified Natural Gas - verflüssigtes Erdgas) werden die Abgabe von Schwefeldioxid um 90 Prozent und Kohlendioxid um 20 Prozent gesenkt. Feinstaub fällt so gut wie überhaupt nicht an. Für den damit ebenfalls möglichen Dieselbetrieb wird ausschließlich hochwertigstes marines Gasöl mit einem Schwefelgehalt unter 0,1 % verwendet. Das Schiffsdesign entspricht den Vorgaben des Umweltzeichens „Blauer Engel“ für umweltfreundliches Schiffsdesign RAL-UZ 141.

In der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), in Einzelfällen auch in den Küstenmeeren, von Nord- und Ostsee wird die „Atair“ für Vermessung und Wracksuche sowie die Untersuchung von Sedimenten und der Wassersäule eingesetzt. Auch die Erprobung von Navigationsausrüstungen für die Schifffahrt gehört zu den Aufgaben. Die "Atair" wird mit einer mobilen Station Schiffsemissionen messen und damit einen Beitrag zu dem stationären Schiffsemissionsmessnetz liefern, das sich zurzeit an der deutschen Nord- und Ostseeküste im Aufbau befindet. Auch im Rahmen der Voruntersuchungen von Flächen für die Offshore-Windenergie wird die ATAIR eingesetzt werden.

Die „Atair“ ist das erste Vermessungs-, Wracksuch- und Forschungsschiff mit einem dynamischen Positionierungssystem. Mit nur einem Joystick kann das Schiff manövriert oder automatisch auf Position gehalten werden. Die Standort-Genauigkeit beträgt etwa 1,5 Meter. Dies erleichtert Vermessung und Wracksuche sowie die Stationsarbeiten für die Probenahmen erheblich und macht das Arbeiten sicherer.

Die wissenschaftliche Ausrüstung beinhaltet umfangreiche Hebeeinrichtungen, modernste Forschungswinden, eine State of the Art-Vermessungsanlage mit Seiten- und Voraussichtsonar, ein Sedimentlot, Fächerlot, Strömungsmesser, ein Unterwasser-Positionierungssystem, einen Hydrographenschacht zur temporären Installation von Unterwassergeräten. Die Einrichtung zur Messung der Emissionen vorbeifahrender Schiffe wird das BSH noch installieren. Hinzu kommen eine komplette Taucherausrüstung mit Taucherdruckkammer und Reinluftatemkompressor. Für die Flachwasservermessung sind zwei zehn Meter lange Vermessungsboote vorgesehen.

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